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Der Urbanisierungsprozeß in den Szekler StühlenIn: Ungarnjahrbuch (München). 2002-2003. Heft 1-2. 173-193.


Der Urbanisierungsprozeß in den Szekler Stühlen

Der Urbanisierungsprozeß in den Szekler Stühlen

Das Szeklerland ist eine der historischen Landschaften Siebenbürgens; es liegt im Osten dieser Region, am Fuße der Ostkarpaten. Innerhalb des Karpatenbogens siedelten die Ungarn die Szekler an, als eines der ersten Hilfsvölker zum Schutz der Grenzen. [1]

Meiner Aufsatz wird die Urbanisierung dieses kleineren Gebietes, der Szekler Stühle, im XIX. Jahrhundert behandeln, als dieser Prozeß nach Jahrhunderten der Stagnation wieder einen Aufschwung erlebte. Obwohl die behandelten Ortschaften nicht so wichtig wie die größeren Städte waren, so hatten sie doch ihre distinktiven Merkmale, die sie nicht nur von den anderen europäischen Städtchen, sondern auch von jenen aus einem viel begrenzteren historisch-geographischen Gebiet, z.B. Siebenbürgen, unterscheiden. Jedenfalls ist die Städtegeschichte in Rumänien ein so spärlich erforschtes Gebiet, daß man zunächst einzelne Fallstudien wie die vorliegende braucht, um dann erst über den Urbanisierungsprozeß auf Land- oder Regionalebene (z.B. in Siebenbürgen) schreiben zu können.

Die Marktflecken wurden lange Zeit von der Geschichtsschreibung ignoriert, man verwehrte ihnen den Titel einer "Stadt"; die Forschungsergebnisse der letzten Jahrzehnte zeigen aber, daß den Marktflecken eine festumrissene Rolle in der Raumgliederung beziehungsweise in der Gruppierung zentralörtlicher Funktionen zukam. Im Rahmen meiner Forschung habe ich versucht, die verschiedenen Funktionen dieser städtischen Siedlungen zu untersuchen sowie festzustellen, inwieweit diese Funktionen zur Erhöhung des Urbanisierungsgrades beigetragen haben. Die Urbanisierung wird sowohl unter quantitativem Aspekt behandelt - die Schwankungen der Städteanzahl und der Zahl der Stadtbewohner -, als auch unter qualitativem Aspekt: Inwieweit waren diese Ortschaften "städtisch" in Bezug auf ihre soziale Struktur, ihre Wirtschaft, ihren Kulturstand, die Sozialhilfe, das Vorhandensein der Stadtwerke, die Übernahme der neuesten Errungenschaften der Zivilisation usw. Zusätzlich zu den Fragen die sich ausschließlich auf die Urbanisierung beziehen, wurden hier auch einige interessante Aspekte der städtischen Siedlungen, ihres Status dargestellt. Meine Arbeit ist nur ein erster Schritt in der Erforschung dieses Bereichs; sie versucht die Problematik zu umreißen und greift auf eine Fülle von Archivmaterialien zurück; es bleibt eine zukünftige Aufgabe, diese Untersuchungen weiterzuführen und auszuweiten, da die Problematik der Marktflecken (oppidum), der siebenbürgischen Kleinstädte, ein spannendes Thema ist.

Einige städtische Siedlungen in Szeklerland erhielten infolge der Herausbildung einer städtischen Struktur schon von König Sigismund von Luxemburg im 15. Jahrhundert Sonderrechte und fielen nicht mehr unter die Gerichtsbarkeit der Stühle. [2] Es entstand von Anfang an eine Hierarchie dieser städtischen Zentren, die einerseits von dem wirtschaftlichen Potential und dem Urbanisierungsgrad, andererseits von den erhaltenen Privilegien abhing, obwohl die Privilegien nicht immer mit der wirtschaftlichen Leistung und mit dem Urbanisierungsgrad übereinstimmten.

Beginnend mit der zweiten Hälfte des XVIII. Jhs wurden einige der Marktflecken in das Gebiet der Grenzregimenter, die zur Zeit Maria Theresias aufgestellt worden waren, einbezogen. [3] Das bedeutete auch die Einmischung der Militärbehörden in das Leben der Marktflecken, die unter dem Einfluß dreifacher Autorität standen. Die Überlagerung zwischen der Autorität des Guberniums, des Stuhls und der Generalkommandantur waren die Ursache zahlloser Konflikte.

Der Rechtsstatus dieser zwölf Ortschaften (Neumarkt am Mieresch, Sankt Georgen, Szekler-Neumarkt, Oderhellen, Szeklerburg, Niklasmarkt, Kreutz, Beretzk, Oberwinz, Nyárádszereda/Miercurea Nirajului, Illyefalva/Ilieni, Oláhfalu/Vlãhiþa) veränderte sich im Laufe der Zeit. Bis zur Mitte des XIX. Jahrhunderts bewahrten die sogenannten Taxalorte ihre adelsähnlichen Privilegien (die Taxalorte waren eine besondere Kategorie privilegierter Städte im Fürstentum Siebenbürgen, die dem Fürsten ihre Steuern nicht pro Kopf, sondern in Form einer festen Geldsumme zahlten, und die im Landtag vertreten waren): Neumarkt am Mieresch (Marosvásárhely, Târgu Mureº) hatte seit 1616 den Status einer freien königlichen Stadt, Oderhellen (Székelyudvarhely, Odorheiu Secuiesc), Sankt Georgen (Sepsiszentgyörgy, Sfântu Gheorghe), Szekler-Neumarkt (Kézdivásárhely, Târgul Secuiesc), Szeklerburg (Csíkszereda, Miercurea Ciuc), Beretzk (Bereck, Breþcu) und Illyefalva/Ilieni waren privilegierte Marktflecken (Taxalorte), Oláhfalu/Vlãhiþa war ein privilegiertes Dorf mit Vertretung im Landtag. Kreutz (Székelykeresztúr, Cristuru Secuiesc), Oberwinz (Felvinc, Vinþul de Sus), Niklasmarkt (Gyergyószentmiklós, Gheorgheni) und Nyárádszereda/Miercurea Nirajului waren einfache Marktflecken. Der Status der beiden letztgenannten Orte ist oft angefochten worden. Nach einer Übergangsperiode Mitte des vorigen Jahrhunderts und der administrativen Umgestaltung zur Zeit des ungarisch-österreichen Ausgleichs behalten nur sechs dieser Ortschaften ihren Stadtstatus: Neumarkt wird zur Munizipalstadt ernannt, die anderen (Oderhellen, Sankt Georgen, Szeklerburg, Szekler-Neumarkt und Niklasmarkt ab 1907) werden zu Städten mit geordnetem Magistrat, die übrigen erleiden einen Abstieg zu einfachen Gemeinden.

Ein erstes charakteristisches Merkmal dieser städtischen Siedlungen, das bei ihrer Untersuchung auffällt, ist der Unterschied zum "oppidum" Zentraleuropas, zu dessen Kategorie sie trotz des Unterschiedes zugeordnet werden. In der ungarischen Fachliteratur zum Beispiel wird die Unterscheidung zwischen oppidum und civitas in erster Linie aufgrund der Rechtslage und des Rechtes auf Vertretung im Landtag vorgenommen, und weniger aufgrund der vielfältigen, weit gefächerten Privilegien. Das oppidum unterstand demnach einem geistlichen oder weltlichen Feudalherrn (in manchen Fällen konnte es der König selbst sein), es stand unter der Gerichtsbarkeit des Komitats, hatte eine begrenzte Autonomie und kein Recht auf Vertretung im Landtag. Anders die städtischen Siedlungen auf Komitatsboden, die nicht einem Feudalherrn unterstellt waren; die Taxalorte hatten eine weitgehende Autonomie, standen nicht unter der Gerichtsbarkeit der Stühle, sondern waren unmittelbar dem Fürsten unterstellt, und waren im Landtag vertreten. Die oppida des Szeklerlandes stellen also eine gesonderte Kategorie in dieser Region dar, mit einer weitgehenden Autonomie, jener der civitates ähnelnd, aber mit geringerer wirtschaftlicher Leistung. Die Ursache dieser Situation liegt in der Unterstützung der Städte durch die siebenbürgischen Fürsten, die diese Ortschaften mit großzügigen Privilegien ausgestattet hatten. Die Szekler Marktflecken zeichnen sich folglich im XVI. und XVII. Jahrhundert durch eine starke rechtliche und administrative Autonomie aus, die aber nicht, wie im Falle der sächsischen Städte, auf einer entsprechenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung fußt.

Diese wirtschaftliche Schwäche führte ab Ende des XVII. Jahrhunderts zum allmählichen Verlust der Autonomie und der Privilegien, sowie zum andauernden Kampf um das Bewahren des Stadtstatus, insbesondere gegenüber den Stühlen. Ein anderes Merkmal dieser Ortschaften - im engen Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen zwischen den Stühlen und den Marktflecken - war das Zusammenleben der Städter und Adligen und der Konflikt zwischen ihnen. Es scheint, daß schon im XV. Jh. und in der ersten Hälfte des XVI. Jhs in diesen Ortschaften gesellschaftliche Spannungen zwischen den Städtern und einigen mächtigen und einflußreichen Szeklern existierten, eine Ankündigung der Auseinandersetzungen zwischen Städtern und Adligen, die bis 1848 bestehen werden. Beginnend mit dem XVI. Jh. hat sich dieser Konflikt als Rivalität zwischen den Adligen und den Städtern herauskristallisiert. Der bekannteste Fall ist jener von Oderhellen, wo dieser Konflikt anhand von Urkunden über drei Jahrhunderte dokumentarisch verfolgt werden kann. [4]

Interessant bezüglich der Frage der Adligen in den Städten ist der Fall einiger Ortschaften – Sankt Georgen, Illyefalva/Ilieni, Kreutz – wo die Adligen sich nicht nur in unterschiedlichen Gerichtsbarkeiten organisierten, sondern ihre Gemeinschaft auch eigenständig als "Dorf" behandelt wurden, während die Städter die "Stadt" innerhalb derselben Ortschaft bildeten. Diese Trennung war nicht konkret gebietsmässig zu vollziehen: die "Stadt" und das "Dorf" waren nicht gesonderte Siedlungen, die Häuser standen vermischt hinsichtlich der Zugehörigkeit ihrer Besitzer; "Stadt" und "Dorf" waren nur juristische Fiktionen. Im Fall von Sankt Georgen zum Beispiel ließen sich diese zwei Gemeinschaften territoriell nicht trennen, es war somit nicht die Rede von zwei gesonderten Ortschaften, sondern bloß von zwei Gemeinschaften mit gesonderter Gerichtsbarkeit: die "Städter" waren unter der Gerichtsbarkeit des Rats, die "Dörfler" unter jener des Stuhls. [5] Wir wissen nicht genau wann diese Spaltung stattgefunden hat, vom XVII. Jh. an jedenfalls werden die beiden Gemeinschaften in den Quellen separat erwähnt; der Grund dafür muß in den Konflikten zwischen Adligen und Städtern gesucht werden. Im XVII. Jh. zahlten die "Städter" von Sankt Georgen nur der Pforte Steuern, und sie hatten die Pflicht, den Postverkehr zu sichern; die "Dörfler" hingegen hatten militärische Pflichten. Durch einen Beschluss wird 1678 festgelegt, daß die "Dörfler", die auf städtischen Parzellen wohnen, vom Fuhrdienst ausgenommen werden, weil sie militärische Pflichten erfüllen, doch müssen sie zusammen mit den "Städtern" Steuern zahlen. [6] Im Ort gab es einen Stadrichter und einen Dorfrichter; manchmal wurden diese beiden Ämter von ein und derselben Person bekleidet. 1727 beklagten sich die Städter beim Gubernium, daß die Besitzer der "Dorfparzellen" viele "städtische Parzellen" gekauft und dort Leibeigene angesiedelt hätten, so daß "wir nicht glauben, daß in dieser Heimat ein Taxalort besteht der in einer jämmmerlicheren Lage ist als unserer". Sie forderten, daß die städtischen Parzellen unter der Gerichtsbarkeit des Marktfleckens bleiben sollten, "sonst machen sie unsere Stadt zum Dorfe und consequenter gehen wir gänzlich zugrunde". [7] Bemerkenswert ist, daß die Armalisten (der Kleinadel), die im "städtischen" Teil wohnten, Steuern zahlten wie die anderen Städter, wie aus dem Archiv des Marktes für das Jahr 1732 hervorgeht. In Illyefalva/Ilieni war es so, daß wenn die Parzelle eines Adligen, das heißt eine "Dorfparzelle", in den Besitz eines Städters geriet, dieser der "Stadt" Steuern zahlen mußte, das heißt die Immunität der Parzellen als solche wurde nicht anerkannt. [8]   Noch Mitte des XIX. Jhs notierte Ignaz Lenk von Treuenfeld diesen Brauch, die freien beziehungsweise abhängigen Bewohner mit "Städter" und "Dörfler" zu bezeichnen, als Kuriosität. [9]

Ein sehr interessanter, jedoch von der Forschung vernachlässigter Aspekt ist die Modernisierung der Verwaltung dieser Ortschaften und das Bestreben sowohl der Adligen als auch der Städter, ihre Privilegien beizubehalten; dieser Vorgang dauerte noch etwa drei Jahrzehnte nach der Revolution von 1848 an.

Nach der Unterdrückung der Revolution, während des Absolutismus, führte die österreichische Verwaltung Zwangsmaßnahmen zur Modernisierung und Rationalisierung der mittelalterlichen Verwaltung ein. Als Reaktion auf diese Maßnahmen "von oben" sahen auch die konservativen Kräfte, in der ersten Phase der Liberalisierung 1861, zugleich mit der Restauration der alten Verwaltungsbezirke, den Moment für die totale Restauration gekommen. Im Frühjahr 1861 schickte das Gubernium ein Rundschreiben zwecks "Reorganisation der Städte". [10] In Oderhellen forderten einige Adlige die Annullierung der Verschmelzung der beiden Gerichtsbarkeiten, der städtischen und der adligen, obwohl dieser Zusammenschluß schon 1848 bei der Versammlung für die Wahl des neuen Magistrats beschlossen worden war; sie blieben aber in der Minderheit. [11] Sie gaben jedoch nicht auf, sondern legten dem Gubernium eine Bittschrift vor, in welcher sie ihre alten Rechte zurückforderten. [12] Das Gubernium beschloß, die Vereinigung beizubehalten, wie es dem von den Gesetzen von 1848 gesicherten Prinzip der Gleichberechtigung entsprach, sowie zur Rationalisierung der Verwaltung; es berücksichtigte aber auch "die Einhaltung des Verfassungsrechts", so daß für die Forderung der Adligen noch ein Hintertürchen offenblieb. [13] Die Städter sahen in der Bewegung eines Teils des Adels "die Gefährdung für das zukünftige Aufblühen der Stadt", die sich bis dahin eben wegen der politischen Zersplitterung nicht hatte entwickeln können; [14] sie beriefen sich auf die Forderungen der Zeit und das Gleichberechtigungsprinzip, und schließlich siegte die Vernunft.

Die Frage der Adelsprivilegien wurde auch in den siebziger Jahren des XIX. Jhs aufgeworfen, besonders in Verbindung mit dem Schankrecht. In beinahe allen Städten gab es Proteste gegen die Besteuerung der Einfuhr und des Ausschanks von Wein und anderer alkoholischer Getränke. 1870 besaßen die Neumarkter Adligen noch das freie Schankrecht, gemäß dem Urbarialgesetz von 1853. [15] Selbst 1875 sah sich die Stadt genötigt, den Pachtvertrag für den Verkauf von Spirituosen zu annullieren, weil der Pächter die Privilegien der Adelsparzellen nicht respektieren wollte. [16]

Im weiteren werden die sozio-ökonomischen Funktionen der städtischen Siedlungen der Szekler Stühle angeführt. Was die demographischen Belange der Stadtwerdung betrifft: diese Ortschaften entwickelten sich bis zur Mitte des XIX. Jhs sehr langsam, so daß die mittlere Wachstumsrate die der Szekler Stühle im allgemeinen nicht übertraf. Auf das etwas langsamere Wachstum ab 1850 folgt in den Jahren 1867-80 eine Zeit verstärkten Wachstums, trotz der Wirtschaftskrise und der großen Choleraepidemie von 1873. Während die Landbevölkerung stagnierte, verzeichneten diese Städte eine nennenswerte Zunahme. Als Folge des Zollkrieges mit Rumänien stellen wir im darauffolgenden Jahrzehnt eine Stagnation fest, wobei dann in den letzten beiden Jahrzehnten vor dem ersten Weltkrieg in den Städten wieder ein dynamisches Wachstum eintritt (zwischen 1890 und 1900 zum Beispiel wuchs die Bevölkerung dieser Städte um beinahe 30%, während die allgemeinen Wachstumsrate der siebenbürgischen Städte 21% betrug). Auf die Zeit wirtschaftlichen Rückgangs folgt in den anderen Ortschaften jetzt bloß ein Stillstand. Trotz der stark wachsenden Bevölkerungszahl waren diese Städte – wie übrigens beinahe alle Städte Siebenbürgens – klein: 1910 hatte die größte von ihnen, Neumarkt, um 25000 Bewohner, die anderen unter 10000. [17]

Die im allgemeinen rückständigen wirtschaftlichen Bedingungen, der niedrige Entwicklungsgrad der Landwirtschaft, das Fehlen der Fertigwarenherstellung, das Fortleben autarker Bedingungen in der Wirtschaft haben im Szeklerland dazu geführt, daß auch die Industrie auf einem ziemlich niedrigen Niveau verblieb. Die Zünfte sind erst später aufgetreten und haben in der Zeit des autonomen Fürstentums eine erste Blüte erreicht, das heißt vor allem in der ersten Hälfte des XVII. Jhs. Angesichts der obengenannten Bedingungen bestand kein hohes Bedürfnis nach Handwerkserzeugnissen, wobei die bestehende Nachfrage von drei wichtigeren Handwerkszentren gedeckt werden konnte: Neumarkt am Mieresch, Szekler-Neumarkt und Oderhellen. In den anderen Marktflecken gab es keine bedeutende Produktion im Bereich des Handwerks bis zum Beginn des XIX. Jhs. Einen besonderen Fall stellt Niklasmarkt dar, wo sich im XVII. Jh. Armenier aus der Moldau niederließen, die verschiedene Handwerke, vor allem die Gerberei, ausübten. [18] Ihnen ist es zu verdanken, daß Niklasmarkt eine städtische Entwicklung antrat und ein Handels- und Handwerkszentrum wurde.

Im XVIII. Jh., vor allem in der ersten Hälfte, stellen wir einen Stillstand und sogar einen Rückgang fest, so daß die Anzahl der Handwerker unter den Stand des vorhergehenden Jahrhunderts fällt. In der ersten Hälfte des XIX. Jhs steigt die Zahl der Handwerker erneut, es treten neue Zünfte auf. Das ist sogar in Sankt Georgen der Fall, wo sie bis dahin nicht vorhanden waren, als auch in Beretzk, wo die Fuhrleute (wie es scheint auch die Töpfer und Tischler) sich in zunftähnlichen Gemeinschaften zusammenschließen. Auch die Vielfalt an Gewerben nimmt zu, es treten neue Gewerbe auf, die an eine neue, bürgerlich-städtische Lebensweise gebunden sind. Während die Anzahl der Handwerker in einer Ortschaft in den drei besser entwickelten Handwerkszentren weit über dem Mittel Siebenbürgens und Ungarns liegt, ist die Vielfalt der Handwerke mit der in den besser entwickelten, urbanisierteren Städten nicht vergleichbar. [19] In einer Beschreibung von 1841 lesen wir daß, obwohl es in Neumarkt 22 Zünfte gibt, deren Erzeugnisse kein besonders großes Verbreitungsgebiet haben; sie gelangen nur in die Stadt und ins Hinterland, "und nicht wenige handwerkliche Erzeugnisse werden von anderswoher gebracht". [20] Die Handwerker waren damals ungefähr 1000 an der Zahl, und es wurden insgesamt 53 Handwerke ausgeübt. In den anderen Städten war die Anzahl der Handwerke etwa 40, in den einfachen Märkten ungefähr 20. [21] Der Anteil der Handwerker an der Gesamtzahl der Gesamtbevölkerung in den drei Zentren schwankte zwischen 15 und 20%. In Klausenburg (Cluj) wurden ebenfalls damals 92 Handwerke ausgeübt, während es in den besser entwickelten Städten in Ungarn über 100 waren. [22]

Gleichzeitig mit ihrer Entwicklung erscheinen auch Zeichen des Verfalls der Zünfte: Konflikte zwischen Zünften, zwischen Zünften und Händlern, zwischen Zünften und Störern. Die Zünfte werden offiziell bis 1872 existieren und danach in Form industrieller Vereine weiterbestehen. Die Anhänglichkeit gegenüber dieser veralteten Form war so groß, daß in diesen Ortschaften auch nach wiederholtem Drängen der Autoritäten keine industriellen Körperschaften organisiert werden konnten, da diese nur dort Fuß fassen konnten, wo früher keine Zünfte existiert hatten.

Im Szeklerland werden auch in der Zeitspanne 1848-1872 noch einige neue Zünfte gegründet und man verzeichnet eine Zeit des Aufschwungs. Die Zünfte unternehmen noch einen Versuch, den rumänischen Markt zu erobern und verzeichnen sogar Erfolge in diesem Sinn. Die Schuster- und die Hutmacherzunft aus Szekler-Neumarkt, Oderhellen und Neumarkt, die der Schmiede aus Sankt Georgen und Szekler-Neumarkt produzieren größtenteils für den rumänischen Absatzmarkt, wo die Nachfrage für diese Waren groß war. [23] Dem kurzen Aufschwung setzt der Zollkrieg von 1886 ein jähes Ende, für die Handwerker dieser Städte ein schwerer Schlag. Szekler-Neumarkt wird die Folgen des Zollkriegs nie überwinden können. Zwischen 1890-1900 nimmt die Einwohnerzahl der Stadt ab und sie verliert allmählich ihre Position als Industriezentrum der Drei Stühle zugunsten der Stadt Sankt Georgen. Außer von dem Zollkrieg wurde die Industriekrise in der Gegend auch von der veralteten Struktur und der kaum vorhandenen Fabrikindustrie, dem Fehlen der Kredite und der Konkurrenz billiger Fabrikware ausgelöst, vor allem in den westlichen Teilen der Monarchie. Die "Lösung" des Problems sah man in der massiven Auswanderung der Szekler Handwerker nach Rumänien und Amerika. Weil die Krise des traditionellen Handwerks Hand in Hand ging mit der Krise in der Landwirtschaft (die Zersplitterung der Parzellen, der relative Mangel an Boden usw.), wurde die soziale Krise im Szeklerland, die sogenannte "Szeklerfrage", zu einem der akuten Probleme mit dem die Budapester Regierungen vor dem Ersten Weltkrieg zu kämpfen hatten. Lange Zeit mischten sich die liberalen Regierungen nicht in das wirtschaftlichen Leben ein, doch beginnend mit der Wirtschaftskrise von 1873, vor allem aber gegen Ende des 19. Jhs nahmen sie einigermaßen Abstand von der liberalen Wirtschaftspolitik, und versuchten mit verschiedenen Mitteln die Entwicklung der bodenständigen Industrie zu fördern. In den 80-er, besonders aber in den 90-er Jahren des XIX. Jhs wurde die Gründung neuer Fabriken durch Befreiung von Steuern, durch Vorzugspreise bei der Bahn, durch eine begünstigende Kreditpolitik unterstützt. In den zwei Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg kamen bereits 20% der gesamten Investitionen in die Wirtschaft vom Staat. [24] Noch bedeutender war die Rolle des Staates in den benachteiligten Gebieten, wie z. B. Siebenbürgen. Doch war auch die Unterstützung des Staates im Szeklerland nicht besonders wirkungsvoll. Die sogenannte "Aktion Szeklerland", die hier in Gang gesetzt worden war, beschränkte sich mehr oder weniger auf die Landwirtschaft. Was die Industrie und die Städte betrifft, waren die einzigen konkreten Vorteile die Gründung der Neumarkter Handels- und Gewerbekammer 1890, der Bau lokaler Eisenbahnen und die Errichtung einer Tabakfabrik in Sankt Georgen.

In den letzten drei Jahrzehnten des XIX. Jhs entwickelte sich langsam auch die Fabrikindustrie, am Anfang vorwiegend durch Bier- und Spiritusfabriken vertreten. Später, um die Jahrhundertwende, wurden auch andere Fabriken gebaut, doch war die Zahl der großen Betriebe vor dem Ersten Weltkrieg sehr klein. [25] Während früher die Zugehörigen anderer Ethnien – eine Ausnahme sind die Armenier und mancherorts die Deutschen – keine große Rolle gespielt hatten, ist jetzt die Fabrikindustrie an die nun auch in diesen Städten erscheinende Unternehmerschicht der Juden gebunden.

Die häufigsten Handwerke waren an die Grundbedürfnisse des Menschen gebunden. In einem rückständigen Gebiet versteht sich das von selbst; die Handwerkszweige, die Luxusgüter erzeugten, waren hier sehr schwach entwickelt. Im Verlauf des XIX. Jhs verändert sich auch die Struktur und Rangordnung der verschiedenen Industriezweige. Lange Zeit, bis ins letzte Drittel des Jahrhunderts, wird die Lederverarbeitung der Hauptzweig bleiben, gefolgt von der Lebensmittelindustrie. Im letzten Drittel des XIX. Jhs verliert die Lederindustrie, bis auf die Schuster, teilweise an Bedeutung. Die Herstellung von Schuhwerk und Kleidung, die Lebensmittelbranche und die Holzverarbeitung rücken nun an die erste Stelle. Die Industrie hatte im allgemeinen einen starken Dienstleistungscharakter.

In den zwei Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg erfährt die Hierarchie der "industrialisierten" Städte leichte Änderungen. Seit der Epoche des autonomen Fürstentums bis zu diesem Zeitpunkt waren Neumarkt, Szekler-Neumarkt und Oderhellen die in dieser Hinsicht am besten entwickelten Städte gewesen; nun stagnieren die beiden letzteren, insbesondere Szekler-Neumarkt, während die Städte, in denen das Zunftwesen nicht so gut entwickelt war, einen raschen Fortschritt verzeichnen. Bis 1910 holt Sankt Georgen die Stadt Szekler-Neumarkt auch hinsichtlich der Anzahl der Industriearbeiter ein. Bei der Volkszählung von 1910 in den beiden Orten waren von den Beschäftigten über 40% in der Industrie tätig. [26] Die Anzahl der Betriebe mit über 20 Hilfsarbeitern blieb ziemlich gering: 19 in Neumarkt, je 4 in Sankt Georgen und Oderhellen, 3 in Niklasmarkt, und kein einziger in den Orten, die ihren Stadtstatus verloren hatten. Im Laufe der ganzen Zeitspanne bleibt ein bedeutender Unterschied zwischen den Städten, die ihren Status bewahrt, und jenen, die ihren Status verloren hatten, erhalten. In den letzteren hat die Industrie nie eine bedeutende Rolle gespielt; ihre soziale Struktur ähnelte jener der Dörfer, desgleichen der Anteil der Handwerker an der Gesamtbevölkerung (unter 20%, in manchen sogar unter 10%) und die Fächerung der Gewerbe; eine Ausnahme bildete gewissermaßen nur der Ort Kreutz. Der Verlust seines Stadtrechts war in seinem Fall also nicht zufällig, sondern eher die offizielle Anerkennung der wirklichen Lage. Daß die Städte der ersten Gruppe ihren Status bewahrt haben, verdanken sie der Tatsache, daß sie im Bereich der Industrie schon Tradition hatten. Das Vorhandensein einer zahlenstarken Handwerkerschicht, der Zünfte und später der Betriebe und Fabriken, hat zu ihrer Urbanisierung beigetragen, sowie zur Entstehung eines "bürgerlichen Geistes".

Was die Bedeutung der Landwirtschaft in den Ortschaften betrifft, so können wir schlußfolgern, daß dieser Wirtschaftszweig eine gewichtige Rolle gespielt hat. In einigen Ortschaften, hauptsächlich in denen, die in der zweiten Hälfte des XIX. Jhs ihren Status als Stadt eingebüßt hatten, spielte die Landwirtschaft bis ins ausgehende XIX. Jh. und darüber hinaus eine führende Rolle in der Gesamtwirtschaft. Hier war der Anteil der in der Landwirtschaft Tätigen an der Gesamtzahl der Beschäftigten noch 1900 über 50%, jedoch zum Beispiel in Illyefalva/Ilieni sogar 80%. Auch in den besser entwickelten Ortschaften nahm die Landwirtschaft neben dem Handwerk einen nicht zu unterschätzenden Platz ein eingenommen.

Der Handel war nicht nur eine der Hauptfunktionen der untersuchten Ortschaften, sondern auch  einer der Hauptfaktoren der Urbanisierung. Dieses kann schon bei ihrer Entstehung beobachtet werden, da gerade ihre Marktfunktion die Antriebskraft war. Alle wichtigeren Ortschaften waren Marktzentren mit einem kleineren oder größeren Einflußgebiet. Nur Neumarkt gelang es, Handelszentrum einer ausgedehnteren Umgebung zu werden; sein Anziehungsgebiet umfaßte nicht nur den Mierescher Stuhl, sondern auch die benachbarten Komitate Kokelburg, Thorenburg, Klausenburg und die Stühle Tschik und Oderhellen. Der Durchmesser dieses "reinen" Gebietes war etwa 60 km, aber bei den jährlichen Märkten war das Anziehungsgebiet noch größer. [27] Das Anziehungsgebiet der anderen Ortschaften war beträchtlich kleiner, etwa halb so groß im Falle von Szekler-Neumarkt, und noch kleiner für Sankt Georgen und Szeklerburg, während sich die "reine" Einflußzone der kleine Marktorte auf die unmittelbare Umgebung von 10-15 km beschränkte. [28] Die Drei Stühle waren auch der Einwirkung eines anderen dominierenden Gebietsmittelpunkts ausgesetzt, der anfangs auch die Verselbständigung der hiesigen Marktorte zu hemmen versuchte: Kronstadt. Die bestehende wirtschaftliche Lage, der niedrige Stand der Warenproduktion, der Mangel an Kapital usw. waren Hindernisse im Wege der Entstehung größerer Markt- und Wirtschaftszentren; nur Kronstadt und Neumarkt erfüllten diese Bedingungen. In den Marktorten dieses Gebiets wurden vorwiegend Landwirtschaftsprodukte und die alltäglichen Handwerkserzeugnisse verkauft und gekauft, weil das Gebiet arm und die landwirtschaftliche Produktion schwach waren. Bis in die zweite Hälfte des XIX. Jhs hinein wurden diese Handwerkserzeugnisse größtenteils von den einheimischen Handwerkern, insbesondere von jenen aus Neumarkt, Szekler-Neumarkt und Oderhellen hergestellt. Das Vorhandensein der Märkte zog auch in die zentral gelegenen Ortschaften Handwerker an. Es ist bemerkenswert, daß die Mehrheit jener Ortschaften, die in der zweiten Hälfte des XIX. Jhs ihr Stadtrecht eingebüßt hatten, als Marktzentren unbedeutend waren und ihre Privilegien, wenn überhaupt vorhanden, verloren; sie erhielten erst Ende des XVIII. oder Anfang des XIX. Jhs das Recht, Markt abzuhalten, wobei ihr Anziehungsgebiet und folglich auch ihre Bedeutung minimal waren. Die anderen Ortschaften festigten ihre Stellung eben durch die wirtschaftliche Funktion, die auch andere Aufgaben nach sich zog.

Um die Mitte des XVIII. Jhs - in einigen Ortschaften erst Anfang des XIX. Jhs - ergab sich die Notwendigkeit, zusätzlich zu den Märkten Läden zu eröffnen, in denen man permanent Handel betreiben konnte. Die Anzahl und Vielfalt der Läden widerspiegelten den Urbanisierungsgrad. Einige Ortschaften betrieben in dieser Zeitspanne eine bemerkenswerte Handelstätigkeit: Neumarkt war als Regionszentrum der Schauplatz regen Handels; Szekler-Neumarkt und Beretzk unterhielten vorwiegend zur Moldau Handelskontakte (Szekler-Neumarkt verkaufte vor allem eigenen Erzeugnisse), und die armenischen Kaufleute aus Niklasmarkt zählten zu den besten des gesamten Gebiets. Sie betrieben Viehhandel (aus der Moldau nach Ungarn und Österreich) und beteiligten sich an der Mierescher Flößerei. Die Armenier spielten eine bedeutende Rolle im Handelswesen und somit in der Urbanisierung des Szeklerlandes. Die meisten Kaufleute dieses Gebiets waren Armenier und förderten auch den Geldumlauf. [29]

Die Anzahl der im Handel und in Kreditinstituten Beschäftigten wuchs in der Zeitspanne des Dualismus (1867-1918) stetig; ihr Anteil war am höchsten in Neumarkt und Szekler-Neumarkt. In der Zeit des Dualismus entstanden auch die ersten modernen Kreditinstitute. Von den Städten dieses Gebiets entwickelte sich keine einzige zu einem wichtigen finanziellen Zentrum, aber sie deckten die Bedürfnisse der Stadt und des Hinterlandes. Hinsichtlich der finanziellen Macht und des Kapitalpotentials standen die Szekler Städte an letzter Stelle auf der Liste der siebenbürgischen Kreishauptorte; nur Neumarkt hatte eine etwas bessere Stellung, hielt allerdings einem Vergleich mit Hermannstadt, Kronstadt und Klausenburg nicht stand, um so weniger einem Vergleich mit den dynamischen westlichen Städten (Großwardein, Arad, Temeschwar). [30]

Das Verkehrsnetz spielte im Urbanisierungsprozeß eine ziemlich große Rolle. Für viele dieser Ortschaften war die günstige geographische Lage einer der Urbanisierungsfaktoren. Offenkundig ist dieses im Falle der Ortschaften Beretzk, Szekler-Neumarkt und Niklasmarkt, die ihren Aufschwung lange Zeit ihrer günstigen Lage an den Handelswegen die durch die Pässe und Zugangswege der Karpaten in die Moldau führten dem Warenhandel und dem Fuhrwesen verdankten. Andere Ortschaften befanden sich an der Kreuzung mehrerer Handelswege, eine Lage, die den Handel ermöglichte und die Entwicklung dieser Orte begünstigte. Die Ortschaften des Randgebiets, durch die kein wichtiger Handelsweg führte, verloren bald ihre Bedeutung und auch ihr Stadtrecht (Illyefalva/Ilieni, Nyárádszereda/Miercurea Nirajului). Die Lage veränderte sich in der zweiten Hälfte des XIX. Jhs, insbesondere in den beiden Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg, grundlegend gegenüber den vorangegangegen Jahrhunderten. In den ´50er Jahren des XIX. Jhs setzte die Modernisierung der Wege ein. Ende des XIX. Jhs wurden alle genannten Ortschaften an das Eisenbahnnetz angeschlossen, was eine regelrechte Umgestaltung des Transports bedeutete. In dieser Zeitspanne erlebte auch das Fernmeldewesen einen raschen Fortschritt, so daß kurz vor dem Ersten Weltkrieg die Städte - vor allem die Kreishauptstädte - über Telegrafenämter und Telephonleitungen verfügten. Es entstand diesbezüglich eine große Kluft zwischen den Städten und jenen Ortschaften, die diesen Status eingebüßt hatten; die letzteren waren in viel kleinerem Maße Nutznießer der Vorteile der Technik und der Modernisierung im Transport- und Kommunikationswesen.

Im Rahmen unserer Forschung wurde auch die Rolle der Kultur in Bezug auf den Urbanisierungsprozeß untersucht. Es wurde der Anteil der Schriftkundigen an der Anzahl der über sechs Jahre alten Bevölkerung ermittelt, ein wichtiger Maßstab des Urbanisierungsgrades. Obwohl die Ergebnisse im Vergleich zu jenen der sächsischen Städte bescheiden sind, schneiden die Szekler Städte doch gut ab, wenn man sie mit ganz Siebenbürgen vergleicht. Beginnend mit dem Ende des XVIII. Jhs haben wir bloß bruchstückhafte und ziemlich unzuverlässige Angaben: 1791 und 1792, anläßlich der Thronbesteigung Leopolds II. bzw. Franz– II. unterzeichneten etwa 80% der Bewohner der Szekler Marktflecken den Treueeid. [31] Dieser Prozentsatz gibt jedoch eine bessere als die wirkliche Lage wieder. Die Angaben beziehen sich nur auf die freien männlichen Bürger, es fehlen also die unfreien Gruppen und die Frauen, und es geht auch nur um die Fähigkeit, zu unterschreiben. Das widerspiegelt sich auch in den Ergebnissen der Volkszählung aus der zweiten Hälfte des XIX. Jhs. Mehr als ein Jahrhundert später, 1900, ist die Zahl der Analphabeten im Vergleich zu der vorangegangenen Zeitspanne gesunken, doch gleichzeitig verminderte sich auch de Abstand der Szekler Städte im Vergleich zum restlichen Siebenbürgen. Fielen sie bisher positiv auf, gliedern sie sich nun mehr und mehr in das allgemeine Bild ein, ja sie bleiben sogar hinter den besser entwickelten Zentren und den Städten im eigentlichen Ungarn zurück. 1900 war die Anzahl der nicht Lese- und Schreibkundigen in den Städten 24%, in den zurückgestuften Orten 36,5 % (in Siebenbürgen 59%: 60% der Rumänen, 29% der Ungarn und 6% der Deutschen, in Ungarn 39%). [32]

Die Schule spielte ein gewichtige Rolle im geistigen Leben dreier Städte: Oderhellen, Neumarkt und Kreutz. Im XVI-XVII. Jh bestanden hier mehrere höhere Schulen und die Lehrer und Schüler stellten einen beträchtlichen Prozentsatz der Bevölkerung der genannten Ortschaften dar, wobei die Schulen ein großes Einzugsgebiet hatten. Diese Schulen trugen sowohl zur Bildung eines Großteils der siebenbürgischen Intellektuellen jener Zeit, als auch zur Erhöhung des kulturellen Niveaus dieser Orte bei. In Neumarkt und Oderhellen funktionierten die zahlreichsten Kulturvereine, es erschienen die meisten Periodika (Anfang des XX. Jhs waren es 19), es wurden die meisten Bücher herausgegeben; hier funktionierten Druckereien (in Neumarkt 6 Anfang des XX. Jhs), , Buchhandlungen und Buchbindereien, die zwar an das Vorhandensein der Schulen gebunden waren, jedoch auch den Kulturstand der Stadtbewohner beeinflußten. Die Bedeutung der Schulen für das Leben dieser Städte wird auch von dem hohen Anteil der Lehrkräfte und Schüler an der Gesamtbevölkerung bestätigt. Am höchsten war dieser Anteil in Oderhellen, wo z.B. im Jahre 1836 die Schülerschaft ein Viertel (22,46%) der Bewohner darstellte, [33] doch auch 1910 überschritt der Anteil der Schüler und Lehrer hier sowie in drei anderen Städten 20%). Die Orte, die ihr Stadtrecht in der zweiten Hälfte des XIX. Jhs eingebüßt hatten, unterschieden sich hinsichtlich des Schulwesens - mit Ausnahme von Kreutz - durch nichts von den einfachen Gemeinden. Die höheren Lehranstalten wurden in den Ortschaften mit höherem Urbanisierungsgrad gegründet, wo sie wiederum zur Erhaltung und Steigerung des Urbanisierungsgrades dieser Ortschaften beitrugen. Es muß festgehalten werden, daß Kreutz, das Schulzentrum der Unitarier aus dem gesamten Szeklerland, die einzige Ortschaft sein wird, die nach der von uns untersuchten Zeitspanne den Stadtstatus wiedererlangen wird.

Die Presse und die steigende Anzahl der Buchdruckereien führten zur Verbreitung der modernen Stadtkultur, wobei das Auftreten der Presse ein kennzeichnendes Phänomen des Stadtlebens ist; obwohl die Presse in diesem Gebiet mit einiger Verspätung auftaucht, erfährt sie eine unglaubliche Verbreitung Ende des vorigen und Anfang unseres Jahrhunderts. In der ersten Hälfte des XIX. Jhs wurden auch Kulturvereine neuer Art, die sogenannten "Casinos", eine Art Lesevereine, eröffnet. Die verschiedenen kulturellen Vereine und Institutionen fanden die meiste Verbreitung in der zweiten Hälfte des XIX. Jhs, die allgemein eine Blütezeit der Vereine (Chöre, Lesegesellschaften, Laientheater, wissenschaftliche Gesellschaften usw.) war. Anfang des XX. Jhs gab es in Neumarkt 41 Vereine aller Art, in Oderhellen 30. [34] Die Vereine trugen zur Steigerung des Kulturniveaus, zur Verbreitung einer neuen Mentalität sowie zur Entwicklung der Zivilgesellschaft bei. Gleichzeitig entwickelten sich auch die institutionalisierten Formen der Kultur: es wurden viele Bibliotheken eröffnet, Kunstsammlungen ausgestellt und der regelmäßige Auftritt von Theatertruppen wie auch die späteren Filmvorführungen im Kino führten dazu, daß die traditionellen Kulturformen durch neue, städtische ersetzt wurden, wiewohl ihre Qualität geringer war.

Die Krankenfürsorge blieb bis Mitte des XIX. Jhs vorwiegend traditionell; es gab bloß einige Siechenhäuser in den größeren Städten. Anfang des XIX. Jhs wirkten jedoch in den fortgeschritteneren Marktorten schon Ärzte, Chirurgen, Hebammen, und es gab jeweils eine Apotheke, die die Nachfrage eines ausgedehnteren Gebietes deckte. Einen bedeutenden Beitrag zum Aufbau des Gesundheitswesens leisteten die Militärkommandanturen und allgemein die Zentralbehörden, die das Gesundheitswesen durch Dekrete und Anordnungen förderten. Neumarkt am Mieresch war als fortgeschrittenste Ortschaft und als Regionalzentrum auch die erste Ortschaft mit medizinischen Institutionen, die hier auch später am zahlreichsten waren. In Neumarkt wurde Anfang des XIX. Jhs auch das erste moderne Krankenhaus erbaut, eines der zwei Krankenhäuser mit landesweiter Wirkung. In den anderen Ortschaften wurden erst Mitte oder Ende des XIX. Jhs Krankenhäuser gegründet. [35] In der zweiten Hälfte des XIX. Jhs entstanden verschiedene Wohltätigkeitsvereine, unter welchen die karitativen Frauenvereine, die in allen Städten wirkten, am aktivsten und am meisten verbreitet waren. Charakteristisch für all diese Einrichtungen - Krankenhäuser, Waisenanstalten, Altenheime - ist, daß sie in den wichtigsten Städten vorkamen und daß sich ihr Wirkungsgebiet nicht auf die enge Umgebung beschränkte, sondern oft den ganzen Landkreis oder - wie im Falle Neumarkt - ein noch größeres Gebiet umfaßte. In den Ortschaften, die ihren Stadtstatus verloren hatten, gab es solche Institutionen nicht, und es fehlte somit dieses Merkmal der modernen Städte. Die medizinischen Institutionen und die Fürsorgeeinrichtungen haben durch ihre Hauptfunktion - die Betreuung der ländlichen Gebiete - zur Erhöhung des Urbanisierungsprozesses beigetragen und den Unterschied zwischen den städtischen bzw. ländlichen Siedlungen kennzeichnet.

Das XIX. Jh. und insbesondere die drei Jahrzehnte vor dem Ersten Weltkrieg waren entscheidend für die Urbanisierung dieser Ortschaften. Das kommt auch in dem veränderten Stadtbild und dem Eindringen der neuen Errungenschaften der Zivilisation zum Ausdruck. Die Struktur dieser Ortschaften ist in der ersten Hälfte des XIX. Jhs noch von ihrer Marktfunktion geprägt. Immer öfter werden Bestrebungen um Systematisierung und Gesundheitspflege verzeichnet, insbesondere in Neumarkt. Zu diesem Zeitpunkt beginnt die Errichtung einer Reihe von öffentlichen Gebäuden, doch diese Tätigkeit wird erst in der Epoche des Dualismus einen Aufschwung erleben und sich gegen Ende des Jahrhunderts intensivieren. Die Mehrzahl dieser Ortschaften haben vor dem Ersten Weltkrieg ihr heutiges Aussehen erlangt, vor allem die Stadtzentren: Es wurden fast alle Straßen gepflastert, es wurden Gehsteige angelegt, die Feuerwehr und die Gendarmerie eingeführt, es setzte eine Systematisierung der Ortschaften ein, neue Straßen wurden geplant, neue Viertel erbaut, Parkanlagen, Erholungsorte, Volksbäder, Kurorte in Stadtnähe eingerichtet, es wurden stattliche öffentliche Gebäude errichtet, die heute noch für diese Städte charakteristisch sind und das Stadtbild prägen, der Jugendstil drang ein (einige Beispiele dafür sind der Kulturpalast und das Rathaus in Neumarkt, das katholische Gymnasium in Oderhellen) und, nicht minder wichtig, es wurden die kommunalen Betriebe erbaut; in die meisten Städte wurden Leitungswasser, elektrischer Strom und Kanalisation eingeführt. [36] Bezeichnenderweise vergrößerte sich der Abstand zwischen den zwei Ortsgruppen: Während sich die Städte stetig entwickelten, konnten ihnen die Ortschaften ohne Stadtrecht nicht folgen, sondern sie behielten ihren ländlichen Charakter, und die Errungenschaften der Zivilisation (Wasserleitung, Kanalisation, elektrischer Strom) gelangten nicht hierher. Neumarkt blieb die unter diesem Gesichtspunkt am besten entwickelte Stadt; sie entwickelte sich vor allem in der "Bernády-Epoche" (so genannt nach den berühmten Bürgermeister Bernády, der in den ersten Jahren des XX. Jhs tätig war) sprunghaft und wurde beinahe eine Modellstadt hinsichtlich der Bestrebungen um eine moderne Urbanisierung.

Die Verwaltungsfunktion trug in einem entscheidenden Maße zur Urbanisierung bei. Sie hatte eigentlich als Grundfunktion die Grundlage für die Entstehung und den Aufstieg der Ortschaften gebildet; die meisten städtischen Ansiedlungen waren gleichzeitig auch Stuhlsvororte, wo die Stuhlsversammlungen, die Gerichtsverhandlungen usw. abgehalten wurden. Die Versetzung des Appelationsgerichts von Mediasch nach Neumarkt um die Mitte des XVIII. Jhs war von großer Bedeutung, weil die Stadt dadurch in den Besitz einer Institution mit landesweiter Wirkung kam. Die gesamte Verwaltungsstruktur wurde nach der Revolution von 1848 modernisiert und umorganisiert, wobei das Städtenetz die gewichtigsten Veränderungen seit dem Mittelalter erfuhr. Anfänglich wurden alle Taxalorte automatisch zu Städten erklärt, das heißt Illyefalva/Ilieni mit seinen 1416 Einwohnern oder Szekler-Neumarkt mit 1247 Einwohnern wurden zu separaten Gerichtsbarkeiten wie die Komitate, und schickten Vertreter ins Parlament; sie waren eine Art "rotten boroughs". Dieses System war jedoch nicht funktionsfähig, und bald folgte eine neuerliche Umstrukturierung; 1876 blieben von 73 Munizipalstädten 26 übrig, in Siebenbürgen nur Klausenburg und Neumarkt am Mieresch. Die restlichen wurden zu Städten mit geordnetem Magistrat, oder wurden zu einfachen Dörfern zurückgestuft. [37]

Es ist wahrscheinlich kein Zufall, das zu den Ortschaften, die das Stadtrecht verloren hatten, ein einziger Stuhlsvorort zählte, nämlich Oberwinz; in diesem Falle aber handelte es sich um einen flächenmäßig sehr kleinen Stuhl. Die Bedeutung der Verwaltungsfunktion kann am besten anhand von Szeklerburg veranschaulicht werden, eine Ortschaft, die in den sechziger Jahren des XIX. Jhs noch ein unbedeutender Ort mit ländlichem Aussehen war. Durch die Versetzung des Komitatssitzes nach Szeklerburg begann der spektakuläre Aufstieg dieser Ortschaft, die vor dem ersten Weltkrieg den höchsten Entwicklungsrhythmus von allen untersuchten Ortschaften erreichte. In dieser Zeitspanne entwickelten sich insbesondere die Kreisvororte, die einen eindeutigen Vorteil gegenüber den anderen Ortschaften besaßen. Es funktionierten hier mehrere Institutionen, Ämter, Gerichtshöfe, Garnisonen, folglich wuchs auch die Anzahl der Beamten und Intellektuellen (Anfang des XX. Jhs, 1910, war sie etwa 10% in den Städten), und all dies führte zu der Erhöhung des Urbanisierungsgrades dieser Ortschaften.

Demgemäß war die Urbanisierung ein Resultat des Zusammmenwirkens mehrerer Faktoren, deren Gewicht von Ortschaft zu Ortschaft variierte. Diese Faktoren wirkten schon in den Anfängen der städtischen Siedlungen, bei ihrer Gründung oder zu Beginn ihrer Entwicklung zu städtischen Formen. Der wirtschaftliche Faktor, eigentlich die Marktfunktion, war ausschlaggebend für mehrere Ortschaften in der ersten Entwicklungsphase: Neumarkt, Szeklerburg usw. wurden eben zu diesem Zweck gegründet, wie es auch ihre planimetrische Struktur beweist. Der Markt spielte eine wichtige Rolle auch in der Entwicklung anderer Ortschaften, wie Oderhellen, Sankt Georgen, Kreutz oder Niklasmarkt. Die Ortschaft Illyefalva/Ilieni zum Beispiel erscheint unter den Taxalorten kurze Zeit nachdem sie das Recht bekam, Jahrmärkte abzuhalten. Genauso wichtig für die Entwicklung der Ortschaften war die Verwaltungsfunktion. Schon in König Sigismunds Diplom wird erwähnt, daß in jedem Stuhl eine Ortschaft in den Rang eines Stuhlsvororts erhoben wurde; die Stuhlsvororte haben im Laufe der Zeit eine privilegierte Stellung im Vergleich zu den anderen Orten erlangt, weil die letzteren einen beträchtlichen Nachteil hatten. Die Entstehung der Verwaltungszentren erfolgte in engem Zusammenhang mit der Entstehung der Stühle. Nach einer Zeit der – wandernden Residenzen" in der zweiten Hälfte des XVIII. und ersten Hälfte des XIX. Jhs werden erneut Stuhlsvororte festgelegt und Stuhlverwaltungssitze in diesen Ortschaften errichtet. Nach der Umgestaltung der Verwaltung in der zweiten Hälfte des XIX. Jhs werden Neumarkt, Oderhellen und Szeklerburg zu Komitatsvororten ernannt, was sich positiv auf ihre Urbanisierung auswirkt. Die Verwaltungsfunktion zieht auch andere Funktionen nach, so daß sich in der Hauptstadt verschiedene Institutionen häufen, Ämter mit zahlreichen Beamten und Intellektuellen, was wiederum die Urbanisierung fördert.

Außer diesen beiden Hauptfaktoren des Urbanisierungsprozesses haben auch andere Faktoren entweder zur Entstehung oder zur Entwicklung dieser Ortschaften beigetragen.

Die Vorteile einer günstigen Lage sind am deutlichsten im Falle der Ortschaft Beretzk zu erkennen; aufgrund ihrer Lage neben dem Oituz-Paß wurden ihr Privilegien und einige daran gebundene Dienstleistungen gewährt. Dank ihrer Lage konnte sie sich als Zwischenglied an dem Handel zwischen Siebenbürgen (besonders Kronstadt) und der Moldau betätigen und erhielt das Monopol über den Warentransport in die Moldau durch den Oituz-Paß. Als dieser Handelsweg seine Bedeutung verlor und die Ortschaft nicht an das Eisenbahnnetz angeschlossen wurde, verfiel sie und verlor ihren Stadtstatus.

Die Armenier spielten in Niklasmarkt eine entscheidende Rolle im Urbanisierungsprozeß. Sie ließen sich im XVII. Jh. in recht großer Anzahl in dieser Ortschaft nieder und stellten bis Ende des XIX. Jhs rund 20-30% der Bevölkerung. Sie beschäftigten sich ausschließlich mit Handel und Handwerk und beteiligten sich auch an dem profitreichen Fernhandel; dadurch beschleunigten sie die Entwicklung der Ortschaft, die ab der ersten Hälfte des XVIII. Jhs in den Urkunden immer öfter als Marktflecken bezeichnet wird.

Vlãhita nahm eine besondere Stellung innerhalb dieser Ortsgruppe ein. Als Gegenleistung für die Verpflichtung der Ortschaft, den Weg zwischen Oderhellen und Szeklerburg zu bewachen und jährliche Abgaben in Schindeln und Brettern zu entrichten, erhielt sie weitgehende Privilegien und erlangte den Status eines Taxalortes, so daß sie im XIX. Jh. für einige Jahrzehnte sogar als Stadt galt.

Hervorzuheben ist die Bedeutung des Handwerks für den Urbanisierungsprozeß in Neumarkt, Oderhellen und Szekler-Neumarkt, den Handwerkszentren des Szeklerlandes. Die kulturelle Funktion trat erst später auf, aber auch sie trug in einigen städtischen Ansiedlungen zur Urbanisierung bei. Oderhellen und Neumarkt machten sich einen Namen als "Schulstädte", da sie eine Vielzahl von höheren Schulen beherbergten, wobei Schüler und Lehrer einen hohen Anteil der Bevölkerung stellten. Dieses wirkte sich auf das Kulturniveau und auf andere Aspekte des Stadtlebens aus. Hier sei noch die militärische Funktion zu erwähnen, die nach Meinung einiger Forscher eine wichtige Rolle in der ersten Etappe der Stadtentwicklung gespielt hat.

Es ist bemerkenswert, daß die Ortschaften, die mehrere Funktionen zugleich ausübten, einen höheren Urbanisierungsgrad erreichen konnten. Neumarkt, Oderhellen, Sankt Georgen, Szekler-Neumarkt, Szeklerburg erfüllten vielfache Funktionen: wirtschaftliche, administrative, kulturelle u.a. Andere Ortschaften, in denen die Urbanisierung von einer einzigen Funktion getragen wurde - Beretzk zum Beispiel - veloren ihren Status sobald diese Funktion zu bestehen aufhörte. Die Privilegien allein bedingten nicht zwangsläufig die Entwicklung der Siedlungen; zusammen mit der Funktion der Stadt ging auch das Stadtrecht verloren. Einige unterschieden sich auch nur durch ihre Privilegien von den üblichen Dörfern; zum Beispiel Illyefalva/Ilieni, das anfangs (XVII. Jh.) eine größere Einwohnerzahl als Sankt Georgen hatte, verliert Ende des darauffolgenden Jahrhunderts an Bedeutung zugunsten von Sankt Georgen, das sich zum Hauptort des Gebietes entwickelt. Diese kleineren städtischen Ansiedlungen (zu denen auch Nyárádszereda/Miercurea Nirajului und Oberwinz gehörten) konnten die anderen Ortschaften nicht mehr einholen und sind bis zum heutigen Tage einfache Gemeinden geblieben. In der von uns untersuchten Zeitspanne hat sich von den "zurückversetzten" Ortschaften Kreutz am schnellsten entwickelt, da es Zentrum eines kleineren Gebietes war (des ehemaligen Filialstuhls Kreutz). Bei der Betrachtung der Rückentwicklung dieser Ortschaften muß auch das Fehlen des Hinterlandes berücksichtigt werden, was einerseits durch das Fehlen der Zentralfunktionen, anderseits durch die zu geringe Entfernung zu einem stärker entwickelten Ort verursacht ist. Ein Beispiel dafür liefert Illyefalva/Ilieni, das nur 10 km weit von Sankt Georgen lag; aus ihrem Wettstreit ging Sankt Georgen als Sieger hervor, da es erstens Stuhlsvorort war und zweitens auch andere Funktionen, wie z.B. jene eines Marktortes, erfüllte. Die Untersuchungen haben ergeben, daß die Mindestentfernung zwischen den städtischen Zentren 30 km betragen muß; diese Entfernung ist auch für die Bildung der Verwaltungseinheiten von Bedeutung. Auch im Falle von Beretzk, das sehr nah an Szekler-Neumarkt liegt, ist die letzere Ortschaft als Siegerin hervorgetreten, da sie sowohl Stuhlsvorort als auch ein starkes Handwerkszentrum war. Oberwinz konnte sich wegen der geringen Entfernung zu den besser entwickelten Zentren Strassburg am Mieresch und Thorenburg nicht entfalten. Nyárádszereda/Miercurea Nirajului blieb im Schatten der Stadt Neumarkt, deren Hinterland sich auch über das des kleinen Martfleckens ausbreitete und es "verschluckte".

Von den eigentlichen Städten ist zweifelsohne Neumarkt die am besten etwickelte Stadt; sie war nicht nur für die unmittelbare Umgebung von Bedeutung, sondern wurde in der zweiten Hälfte des XIX. Jhs ein wichtiges Zentrum der Provinz. Der Status dieser Stadt widerspiegelte sich sowohl in ihrer dynamischen Entwicklung als auch in ihrer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Struktur. Szekler-Neumarkt, ein traditionsreiches Handwerkszentrum, entwickelte sich schwunghaft in den ersten zwei Jahrzehnten nach der Revolution von 1848. Es gelang dieser Ortschaft jedoch nicht, ihre Strukturen völlig zu modernisieren, weil sie von dem Zollkrieg mit Rumänien benachteiligt war und erst spät an das Eisenbahnnetz angeschlossen wurde, so daß sie über den Status einer nur für das eigene Hinterland wichtigen Siedlung nicht hinauswachsen konnte. Dasselbe gilt für Niklasmarkt, das dank der hier angesiedelten Armenier wirtschaftliche Macht erlangte; obwohl es zu Beginn unseres Jahrhunderts zur Stadt ernannt wurde, blieb es weiterhin eine kleine Provinzstadt, mit vorwiegend landwirtschaftlichem Potential. In dieser Periode erlebten Szeklerburg, Sankt Georgen und Oderhellen die spektakulärste Entwicklung. Den ersten beiden, anfangs unbedeutenden Orten, gelang es in der zweiten Hälfte des XIX. Jahrhunderts, zu Kreisvororten mit dynamischer Entwicklung aufzusteigen. Dieses ist ein Resultat mehrerer Faktoren: sie wurden Komitatsvororte und Eisenbahnknotenpunkte, ihre Industrie entwickelte sich, und sie wurden auch zu Kulturzentren. Diese Zeitspanne wird in den anderen Ortschaften, die einen Rückgang erlebten, von Stagnation kennzeichnet (Kreutz bildet eine Ausnahme). Diese letzte Gruppe wird durch eine dörfliche Struktur und durch die Vorherrschaft der Landwirtschaft charakterisiert. In den Städten ist der Anteil der Menschen, die in der Industrie, im Handel und in anderen nicht landwirtschaftlichen Bereichen beschäftigt sind, sehr groß, was aber nicht mit dem Vorhandensein einer modernen Industrie gleichzusetzen ist, sondern eher das Fortleben einiger überkommener Strukturen bedeutet. Die Zünfte zum Beispiel bestehen auch nach ihrer offiziellen Auflösung als Industrieverbände weiter. Ein gemeinsames Merkmal dieser Ortschaften ist, daß die vormodernen Strukturen hier länger beibehalten werden als in den westlichen Provinzen.

Die Gesetzgebung des fünften bis achten Jahrzehnts des vorigen Jahrhunderts schaffte die Überbleibsel der Gruppenprivilegien und die verschiedenen nebeneinander wirkenden Gerichtsbarkeiten, die für diese Ortschaften jahrhundertelang charakteristisch waren, endgültig ab. Ihre Entwicklung in den darauffolgenden Jahrzehnten fügt sich in den allgemeineren Rahmen der Entwicklung der siebenbürgischen Städte bzw. jenen der Doppelmonarchie ein, kleine Unterschiede ergeben sich aufgrund der schwächeren Entwicklung der östlichen Provinzen im allgemeinen. Charakteristisch für die Szekler Städte war das Fortbestehen einiger Merkmale, die im Westen aufgrund der früheren Modernisierung schon verschwunden waren. Zu diesen anachronistischen Erscheinungen zählt die späte Entstehung der Zünfte, und daß diese Zünfte bis ans Ende der untersuchten Zeitspanne als Industrieverbände weiterwirkten; das erklärt auch die große Rolle, die das Handwerk innerhalb der Wirtschaft dieser Städte (z.B. Szekler-Neumarkt, Oderhellen) gespielt hat. Ein weiteres gemeinsames Merkmal der ost- und südsiebenbürgischen Städte ist, daß sie im Kontext ihrer vormodernen wirtschaftlichen Struktur sehr stark von dem Zollkrieg zwischen der Doppelmonarchie und Rumänien beeinträchtigt wurden. Die Neigung zur Vereinheitlichung war beginnend mit der zweiten Hälfte des XIX. Jhs stärker als die Eigenart, was sowohl in der Struktur als auch im Aussehen dieser Ortschaften zutage tritt.

Trotz alledem war die zweite Hälfte des XIX. Jhs eine Zeit des Aufschwungs und der Blüte für diese Städte. Die Szekler Städte zeichneten sich durch eine Dynamik aus, die jene der ungarischen Städte mit geordnetem Magistrat und manchmal sogar den Entwicklungrhythmus der Munizipalstädte übertraf. Die Urbanisierung hat jedoch die regionalen Unterschiede nicht gelöscht, sondern höchstens abgeschwächt; zu Beginn unseres Jahrhunderts lebten in den Städten der ehemaligen Szekler Stühle 7,3% der Bevölkerung, während in den sächsischen Stühlen die Städter 22,1% der Bevölkerung stellten. [38] In den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg ist eine Abschwächung der regionalen Unterschiede aufgrund des Vereinheitlichungs- und Modernisierungsprozesses festzustellen, im Zusammenhang mit einem rascheren Urbanisierungsrhythmus, der das Aussehen dieser Städte bis in unsere Tage hinein prägt. Wenn auch die Anzahl der Städte in dieser Zeitspanne zurückgegangen ist, so wurde dieser Rückgang durch den Anstieg der Stadtbevölkerung und durch die Erhöhung des Urbanisierungsgrades dieser Ortschaften ausgeglichen.



[1] Es handelt sich dabei um einen Stamm ungarischer Sprache und Kultur, dessen ethnische Herkunft aber umstritten ist. Von Anfang an bis zur Mitte des XIX. Jhs waren die Szekler ein Grenzwächtervolk; im Austausch für ihre Verteidigungsaufgabe genossen sie als universitas Siculorum kollektive Privilegien.

[2] Siehe Szádeczky Kardoss Lajos: A székely nemzet története és alkotmánya. Budapest 1927; Balogh Judit: A székely város a 16-17. században. In: Város és társadalom a XVI-XVIII. században. A Miskolci Egyetem történettudományi tanszékeinek konferenciáján elhangzott elõadások anyaga. Mályi, 1992. december 15-16. (Studia Miskolcinensia 1). S. 27-33. Die neueste Zusammenfassung: Benkõ Elek, Demeter István, Székely Attila: Középkori mezõváros a Székelyföldön. Kolozsvár 1997. (Erdélyi Tudományos Füzetek 223).

[3] Szádeczky Lajos: A székely határõrség szervezése 1762-64-ben. Budapest, 1908; Pál Judit: Organizarea regimentelor de graniþã ºi societatea târgurilor secuieºti. Historia Urbana, tom IV (1996) nr. 1-2, S. 143-153.

[4] Szele György: A székelyudvarhelyi nemesség és polgárság kiváltságjogi pöre a XVIII és XIX század fordulóján. Debrecen, 1913; Magyari András: Date privind lupta dintre nobilime ºi orãºenimea din Odorhei la sfârºitul secolului al XVIII-lea ºi la începutul secolului al XIX-lea. In: Studii de istorie a naþionalitãþii maghiare ºi a înfrãþirii ei cu naþiunea românã. Buc., 1976, S. 103-117.

[5] Pál Judit: Trãsãturile specifice ale evoluþiei târgurilor din scaunele secuieºti. Revista istoricã, 2000/1-2, S. 115-121.

[6] Orbán Balázs: A Székelyföld leirása történelmi, régészeti, természetrajzi s népismei szempontból, Pest, 1869. Band III, S. 39.

[7] Gödri Ferenc: Sepsi-szent-györgy város története. In: Háromszék vármegye. Emlékkönyv Magyarország ezeréves fennállása ünnepére, Hrsg. Potsa József, Sepsiszentgyörgy, 1899, S. 86.

[8] Szalay Gyula: Kézdivásárhelyi Szõtsi István fõbíró élete (1675-1760) és nemességi pöre (1721-1754), Szamosújvár, 1915. S. 11-12.

[9] Ignaz Lenk von Treuenfeld: Siebenbürgens geographisch-, topographisch-, statistisch-, hydrographisch- und orographisches Lexikon. Wien, 1839, Band II, S. 240, Band. IV, S. 47-48.

[10] Ungarisches Staatsarchiv (MOL ), F 266 Visszaállított Fõkormányszék, nr. 25/1861.

[11] Ebenda, nr. 2077/1861.

[12] Ebenda, nr. 3254, 5260/1861.

[13] Ebenda, nr. 2077/1861.

[14] Ebenda, nr. 7139, 7258/1861.

[15] MOL, K 150 Belügyminisztérium, 1872-V-12, fasc. 195, 1874-V-12, fasc. 363.

[16] Ebenda.

[17] Az 1850. évi népszámlálás. Bp. 1983; Erdély 1857. évi népszámlálása, Hrsg. Dányi Dezsõ. Bp. 1992; A Magyar Korona Országaiban az 1870. év elején végrahajtott népszámlálás eredményei a hasznos házi állatok kimutaásával együtt. Pest 1871; A magyar korona országainak 1900. évi népszámlálása. Magyar Statisztikai Közlemények. Új sorozat. Band 1-2. Bp. 1902, 1904. Pál Judit: Importanþa factorului demografic în procesul de urbanizare în scaunele secuieºti. In: Anuarul Institutului de Cercetãri Socio-Umane Sibiu, Band II, 1995, S. 37-58.

[18] Pál Judit: Comerþul, factor de conflict interetnic într-un târg din secolul al XVIII-lea (Gheorgheni). In: Analele Brãilei, Band I, Brãila, 1993, S. 287-300.

[19] Pál Judit: Meºteºugurile în oraºele din Transilvania în prima jumãtate a secolului al XIX-lea. In: Historia Urbana, Band VI (1998) Nr. 1-2, S. 85-94.

[20] Maros-Vásárhely szabad királyi város rövid ismertetése. In: Hon és külföld, 1841, I. félév, Nr. 25, S. 102.

[21] MOL, F 37, fasc. 397-400.

[22] Bácskai Vera: Városok és városi társadalom Magyarországon a XIX. század elején, Budapest, 1988, S. 83-84.

[23] Nagy Elek: Az ipar. In: Háromszék vármegye. Hrsg. Potsa József. Sepsiszentgyörgy, 1899. S. 160.

[24] Katus László: Magyarország gazdasági fejlõdése (1890-1914). In: Magyarország története 1890-1918. Hrsg. Hanák Péter. Budapest, 1988. S. 270-274.

[25] Thirring Gusztáv: A magyar városok statisztikai évkönyve. A magyar városok országos kongresszusának iratai. Band II (Bp. 1912).

[26] A magyar szent korona országainak 1910. évi népszámlálása, Magyar Statisztikai Közlemények, Új sorozat, Band 42, 48, Budapest, 1912, 1913.

[27] MOL, F 46 Gubernium Transylvanicum, 1805/9019.

[28] MOL, F 52 Conscriptio Czirákyana..

[29] Pál Judit: Armenier im Donau-Karpaten-Raum, im besonderen in Siebenbürgen. In: Minderheiten, Regionalbewusstsein und Zentralismus in Ostmitteleuropa, Hrsg. Heinz-Dietrich Löwe, Günther H. Tontsch, Stefan Troebst, Böhlau Verlag, Köln-Weimar-Wien, 2000, S. 121-138.

[30] Egyed Ákos: A hitelrendszer: bankok, takarékpénztárak. Az erdélyi kapitalizmus etnikai arca. In: idem, Falu, város, civilizáció, Bukarest, 1981, S. 176-181; A magyar szent korona országainak hitelintézetei az 1894– 1909. években, Magyar Statisztikai Közlemények, Új sorozat, Band 35, Budapest, 1913, S. 318-322.

[31] MOL, Gubernium Transylvanicum, Cista Diplomatica, F 138 - Homagialia, fasc. 22.

[32] A magyar korona országainak 1900. évi népszámlálása. Magyar Statisztikai Közlemények, Új sorozat, Band 1, Budapest, 1902.

[33] MOL, F 37, fasc. 400.

[34] Thirring: op. cit.

[35] Egyed Ákos: Iparosodás és városfejlõdés a XIX. század második felében és a XX. század elején. A városi civilizáció elterjedése Erdélyben. In: Falu, város, civilizáció. Bukarest, 1981. 293.

[36] Thirring: op. cit.

[37] Kajtár István: Magyar városi önkormányzatok (1848-1918). Budapest 1992. 69-106.

[38] Kurze Geschichte Siebenbürgens, Hrsg. Béla Köpeczi, Budapest, 1990, S. 555.